Rede Dr.Mehlstäubler

Im Gegensatz zu den organischen Formen von Alexandra Deutsch ist die Kunst von Gertraud Hasselbach konstruktiv, klar und formal eindeutig. Ihr bevorzugtes Material ist Metall. Am Beginn ihres Wegs der Kunstfindung standen ihre beruflichen Erfahrungen, die sie als Fotografin und als Goldschmiedin gesammelt hatte: Als Fotografin: Umsetzung und Konzentration der sichtbaren Realität in ein Bild, d. h. Auswahl aus dem Alles-Möglichen, Bestimmung des richtigen Betrachterstandortes, Entwicklung einer klaren Ansicht. Als Goldschmiedin: die sinnlichen und technischen Möglichkeiten des Metalls, die handarbeitliche Formfindung durch die Kommunikation von Logik und Sinnlichkeit, Ausprägung einer angewandten Ästhetik.

Der Ausgangspunkt der Kunst von Gertraud Hasselbach ist ihr Name. Die Buchstaben ihres Vor- und Zunamens werden aus ungefasstem Stahlblech ausgeschnitten. Mit Scharnieren versehen formt die Künstlerin die Buchstaben zu abstrakten Plastiken. Aus Fläche wird Raum. Die abstrakte Form ihrer individuellen Person, ihr Name, transformiert die Künstlerin in Plastik mit allgemeingültigen, ästhetischen Eigenschaften. Die Person des Künstlers wird Kunst.

Seiner bisherigen intellektuellen Funktion enthoben bilden die Buchstabenplastiken freie Module. In Erinnerung an ihr altes Ordnungsprinzip - der Schrift - kombiniert die Künstlerin die Plastiken nebeneinander kreuzworträtselartig auf Sockeln und in freien Gruppen oder verknüpft mehrere miteinander sich gegenseitig durchdringend. Mit dem Auge der Fotografin erkennt Gertrud Hasselbach in den Plastiken neue künstlerische Potentiale. Sie werden fotografiert, d. h. zurück in die Zweidimensionalität gebracht und die Konturen der Plastiken wieder auf Metall übertragen und ausgeschnitten. Der ursprüngliche Buchstabe ist nun kaum mehr erahnbar, er hat sich nun fast völlig von seiner namensbildenden Bedeutung gelöst.

Die einzelnen, nun flächigen Formen, werden von der Künstlerin nebeneinandergesetzt und diese so entstandenen Flächen zu raumbildenden, gitterartigen Skulpturen wie Schalen oder Kugelsegmenten geformt. Eine Schale im oberen Stockwerk der Ausstellung zeigt einen neuen Versuch: hier hat die Künstlerin Segmente aus Aluminium und farblosem Plexiglas kombiniert. Es entsteht ein hochspannendes irritierendes Spiel mit quasi doppelter Transparenz.

Die auf die Fläche projizierten, miteinander verknüpften Buchstabenplastiken ergeben durch Spiegelung ein dynamisches Lineament, das, aus Metallblech ausgeschnitten, zu Skulpturen geformt wird. Das hockerartige Objekt im Erdgeschoß und die reifrock- und liegeartigen Objekte im Obergeschoß dieses Gebäudes sind Beispiele.

Bei einer anderen Werkgruppe bildet die persönliche Handschrift von Gertraud Hasselbach das Ausgangsmaterial. In Aluminiumblech übertragen formt sie aus der dynamischen, gitterartigen Struktur raumbildende Objekte.

Die Skulpturen von Gertraud Hasselbach sind formvollendete Plastiken. Und doch sind sie immer nur Zwischenstationen eines kreativen Prozesses. Ausgehend von den Buchstaben ihres Namens bilden formale Weiterentwicklungen die intuitionsgebende Grundlage für weitere Findungen. Das Ziel bleibt offen - wie das in der Kunst eben so ist.