Der Mensch macht sich von den Dingen in der Welt einen Begriff. So wird die Welt in Wörter gefasst. Aus Buchstabengeformt, bilden sie unsere Ansichten. Das geschieht in der 2. Dimension. In die dritte Dimension erhoben, erreichen wir durch die skulpturalen Objekte Einsichten. Gertraud Hasselbachs Kreativität erwächst aus der Beschränkung auf das Wesentliche. Die aus Stahlblech geschnittenen Buchstaben beziehen sich auf ihre Person. Die Buchstaben ihres Namens, als „Anhaltspunkte“. Ihr eigener Name, der „wertfrei“ für sich steht und damit noch nichts vorgibt, steht ihr als „Basismaterial“ zur Verfügung für die Metamorphose der Glyphen. Alles lässt sich daraus machen. Das dreidimensionale Denken war in Gertraud Hasselbach schon lange ausgereift, ausgebildet als Goldschmiedin und zuvor als Fotografin hat sie den Schritt von der zweiten in die dritte Dimension selbst durchschritten und transformiert nun ihre Sicht der Dinge. Durch Scharniere an den eigentlich zweidimensionalen Buchstaben wandeln sich diese zu Bedeutungsträgern, erheben sich in die neue Dimension. Es ist diese Beweglichkeit, die an Gertraud Hasselbachs Arbeiten fasziniert: Schrift in Stellung gebracht, zusammen gefügt, geballt und wieder zerpflückt, zeichnerisch verschlüsselt und zur Entdeckung frei gegeben. Einmal kommen sie ornamental daher, dann wieder als Baupläne, an Architektur erinnernd. Mitunter treten sie als Struktur einer Desoxyribonukleinsäure hervor, zeigen Bausteine des Lebens. Ein steter Wechsel zwischen von aus-der-Welt-Entnommenem und durch Umwandlung der Welt wieder Hinzugefügtem zeichnet das Werk der 1946 aus Bad Schwalbach gebürtigen Künstlerin aus: „Beweglichkeit und Transformation“.

So auch in ihren Fotografien, die sich um das Spiel von Licht und Schatten ranken. Schnelle Entscheidung und wieder der Blick auf das Wesentliche spielen hier die tragenden Rollen. Der konzentrierte Blick, den sie auch auf das skulpturale Werk verwendet, hat hier seine Ursache. „Den“ Moment zu erhaschen, der den Blick – nicht nur auf die Welt, sondern – in die Welt erlaubt, hat sie seit frühester Jugend kultiviert. Aus der Welt gelangen die Dinge in Gertraud Hasselbachs Sichtfeld. Aus ganz anderen Zusammenhängen finden sie dort ihre Stellung und bilden fotografische Positionen. Hier sind sie für einen „Augenblick“ zusammen geführt. Sind ins Licht gerückt. Im Bild, von Dauer. Ein Stück weit wird die Welt in ihrem Blick, durch ihre Kamera-Einstellung, versammelt. Zu unserer Einsichtnahme.